Von Rechts wegen dürfte ich das hier gar nicht schreiben. Überhaupt stellt schon der Betrieb meiner „Putzlowitscher Zeitung“ eine einzige, große Rechtsverletzung dar. Das geht schon beim „Zeitung“ im Namen los. Zeitung ist bestimmt wie Journalist, Jurist oder Ingenieur ein geschützer Begriff, den nur verwenden darf, wer auch tatsächlich Zeitung, Journalist, Jurist oder Ingenieur ist. Im Sinne der Definition ist das hier bestimmt keine Zeitung, also dürfte ich bestenfalls „Putzlowitsch“ heißen, aber nicht „Putzlowitscher Zeitung“.
Anbieterkennzeichnung/Impressum
Als nächstes wäre da das Problem mit der Anbieterkennzeichnung, oft fälschlicherweise als Impressum bezeichnet, zu nennen. Wenn ich Zeitung wäre, müßte ich ein Impressum haben, da ich aber nicht Zeitung bin, bin ich nach dem Telemediengesetz (TMG) Diensteanbieter. Für solche Anbieter ist nun in §5 festgelegt, das sie unter bestimmten Umständen bestimmten Informationspflichten nachzukommen haben. Diese Umstände sind wie folgte benannt:
Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: …
Diensteanbieter bin ich, gar keine Frage, aber ist meine „Putzlowitscher Zeitung“ ein geschäftsmäßig, in der Regel gegen Entgelt angebotenes Telemedium?
Nun hatte ich vor ein paar Tagen bei Heise gelesen, daß das Justizministerium einen Leitfaden zur Impressumspflicht herausgegeben hat. Feine Sache, dachte ich, da wird endlich mal Klarheit geschaffen, wer nun was genau wo und wie angeben muß. Der Text dort fängt ja auch noch ganz verheißungsvoll an:
Wann besteht eine Anbieterkennzeichnungspflicht? Welche Angaben sind im Impressum zu machen und wie ist dieses zu gestalten?
Unser neue Leitfaden klärt über diese Fragen auf und hilft Gewerbetreibenden mit einem Internet-Auftritt, ihre Anbieterkennzeichnung …
Im zweiten Absatz dann aber bereits die Ernüchterung, „hilft Gewerbetreibenden“, und Gewerbetreibender bin ich nicht, da bin ich mir ausnahmsweise fast sicher. Mit meinem persönlichen Menschenverstand betrachtet, ist meine Seite auch nicht geschäftsmäßig und sie wird in der Regel auch nicht gegen Geld angeboten. Aber wie das mit dem gesunden Menschenverstand oft so ist, er zählt im Zweifelsfall überhaupt nicht.
Ich habe dann trotzdem mal im Leidfaden weitergelesen und interessante Aussagen gefunden:
… So ist praktisch jeder Online-Auftritt ein Telemedium.
* Telemedien sind z. B. private Websites und Blogs, Online-Shops, Online-Auktionshäuser, Suchmaschinen, Informationsdienste und Chatrooms …
Gut, das war mir eigentlich schon klar, ich bin ein Diensteanbieter mit einem Telemedium, nun aber zur spannenden Frage, ob mein Telemediendienst auch geschäftsmäßig ist, denn nur dann müßte ich die Pflichtangaben bereithalten.
„Geschäftsmäßig“ ist ein viel weiterer Begriff als „gewerbsmäßig“. Manche Gerichte vertreten die Ansicht, dass das Angebot schon „geschäftsmäßig“ ist, wenn es aufgrund einer nachhaltigen (d. h. nicht auf einen Einzelfall beschränkten) Tätigkeit erfolgt; eine Gewinnerzielungsabsicht ist danach nicht erforderlich.
Das „geschäftsmäßig“ nicht „gewerbsmäßig“ bedeutet und dafür keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich ist, will ich noch einsehen, schließlich werde ich auch meist mehrmals am Tag „geschäftsmäßig“ aktiv. Immer dann, wenn ich zur Toilette muß und meine kleines oder großes Geschäft verrichte. Das ist bestimmt nicht gewerbsmäßig und Gewinne konnte ich dabei auch noch nicht erzielen.
Wenn nun aber „geschäftsmäßig“ praktisch mit „nachhaltig“ (nicht auf einen Einzelfall beschränkt) gleichzusetzen ist, warum schreibt man das dann nicht einfach so ins Gesetz? Stattdessen wird ein nicht klar definierter, schwammiger Begriff „geschäftsmäßig“ verwendet.
Aber selbst „nachhaltig“ schafft nicht unbedingt Klarheit. Wann ist die mit dem Erstellen einer Webseite verbundene Tätigkeit nachhaltig? Wenn die Seite einmal, mehrmals oder regelmäßig aktualisiert wird? Wenn ich mehr als 3 Stunden, 3 Tage oder 3 Wochen für die Erstellung benötigt habe?
Keine Regel ohne Ausnahme, aber was bedeutet „in der Regel gegen Entgelt“? Auch dazu äußert sich der Leidfaden:
Unerheblich ist, ob der Diensteanbieter die Telemedien gegen Entgelt bereithält. Es genügt, dass solche Inhalte in der Regel gegen Entgelt bereitgehalten werden. Die Kennzeichnungspflichten treffen demnach alle Diensteanbieter, soweit sie Telemedien bereithalten, mit denen auf dem Markt Einkünfte erzielt werden könnten.
Beim obigen Zitat liegt das Justizministerium meiner Meinung nach aber völlig daneben.
Ich nehme jetzt einfach mal an, daß mit „in der Regel“ nicht Frauen gemeint sind, die gerade ihre Tage (Menstruation) haben, das gäbe sonst große Probleme mit der/dem Gleichstellungsbeauftragten oder allen Frauen überhaupt. An „in der Regel“ kann man nichts groß rumdeuten, daß heißt einfach soviel wie normalerweise, oft, in der Mehrzahl der Fälle. Dazu paßt dann übehaupt nicht „erzielt werden könnten“. In der Regel heißt, es wird mehrheitlich auch gemacht, aber wieviele Blogs z.B. gibt es und wieviele davon werden gegen Entgelt angeboten? Nahezu keine, behaupte ich mal.
Als Schlußsatz ist dann beim Abschnitt „Muss ich die Anbieterkennzeich...em Telemediengesetz erfüllen?“ im Leidfaden folgendes zu lesen:
Die Anbieterkennzeichnungspflicht muss praktisch von jedem, der ein Online-Angebot bereithält, erfüllt werden.
Etwas anderes gilt nur bei Angeboten, die ausschließlich privaten oder familiären Zwecken dienen und die keine Auswirkung auf den Markt haben. Im Zweifel sollten Sie davon ausgehen, dass die Anbieterkennzeichnungspflicht besteht.
Da hätte man sich den ganzen Zirkus mit „geschäftsmäßig“ und „in der Regel gegen Entgelt“ auch sparen können. Wäre viel einfacher gewesen, eine Informationspflicht für alle Betreiber von öffentlich zugänglichen Webseiten festzulegen.
Hmmm, „keine Auswirkungen auf den Markt“ ist auch eine interessante Formulierung. Meine „Putzlowitscher Zeitung“ hat eher keine Auswirkung auf den, welchen Markt überhaupt?, ich Verkaufe oder Kaufe hier ja nichts. Aber ich habe so ein unbestimmtes Gefühl, das „Markt“ nicht etwa ein Handelsplatz ist, an dem sich Verkäufer und Käufer, Erzeuger und Verbraucher zu Handelszwecken treffen, wahrscheinlich hat der Begriff „Markt“ noch nicht mal im entferntesten etwas mit Handel zu tun. Nein, es ist bestimmt alles gemeint, was sich irgendwie außerhalb einer geschlossenen Toilette abspielt, gewissermaßen außergeschäftsmäßig geschäftlich.
Meine Anbieterkennzeichnung
Ungeachtet der oben angestellten Überlegungen und Bemerkungen habe ich schon länger eine Anbieterinformationsseite eingerichtet, welche die Pflichtangaben wie Vor- und Zuname, ladungsfähige Anschrift, E-Mail-Adresse und Telefonnummer enthält. Gesetzeswidrig habe ich sie allerdings unter dem Menüpunkt „Ich“ vesteckt, zudem muß man mindetens 3 bis 17 mal am Scroll-Rädchen drehen, um die eigentlichen Angaben dann bei „Kontakt“ lesen zu können. Außerdem könnte es Probleme mit nicht ganz so weit verbreiteten Internet-Browsern geben, das liegt aber einfach daran, daß diese bestimmte HTML-4-Tags nicht ordentlich interpretieren.
Und das mit der Telefonnummer ist auch nicht ganz sauber, da kann ich nur äußerst selten selbst das Gespräch entgegennehmen, meist geht nur ein AB ran. Kürzlich hat doch tatsächlich jemand auf der Nummer angerufen, war aber vermutlich nur verwählt, hat nichts gesagt. Die Nummer das Anrufenden aus Berlin war mir unbekannt, habe sie aber über das Internet zuordnen können, war niemand, den ich kenne.
Apropos Telefonnummer…
Datenschutz/Personenbezogene Daten
Bei einem weiteren, wichtigen Punkt aus dem Telemediengesetzt sieht es bei mir ganz finster aus. Obwohl, da ist gerade wieder Bewegung in die Sache gekommen. Im Abschnitt 4 des TMG ist festgelegt, daß ich als Anbieter normalerweise keine personenbezogenen Daten speichern darf. Genau da fangen aber die Probleme bereits an, was sind eigentlich personenbezogene Daten? Ich habe jetzt noch nicht nach einer eindeutigen Definition gesucht, wahrscheinlich gibt es wie bei „geschäftsmäßig“ und „Markt“ sowieso keine. Deshalb gibt es auch Unstimmigkeiten darüber, ob die IP-Adresse ein personenbezogenes Datum ist. Das Amtsgericht Berlin hatte dies vor einiger Zeit bejaht, das Amtgericht München jedoch jüngst verneint.
Ohne IP-Adressen würde das Internet nicht funktionieren, Du könntest diesen Beitrag hier nicht lesen und es gäbe viele Probleme nicht, dafür aber wieder andere. Um den Artikel hier lesen zu können, schickt Dein Browser zunächst eine Anfrage an ein Verzeichnis um zu erfahren, unter welcher Adresse die „Putzlowitscher Zeitung“ zu erreichen ist. Bei dieser Adresse fordert der Browser nun die gewünschte Seite an und schickt natürlich seine Absenderadresse mit, sonst weiß die Zeitung ja nicht, wohin mit der Seite. Wenn alles gut geht, kannst Du kurze Zeit später diesen interessanten Artikel hier lesen. Nebenbei hat der Zeitungs-Auslieferungsdienst (Webserver) Deine Adresse zusammen mit ein paar anderen Informationen aber auch gespeichert (Server-Log-Datei), das wurde halt immer schon so gemacht. Kann ja nützlich sein zu wissen, wann sich jemand womit und woher für die Zeitung interessiert. So kann ich auch meine Suchwort-Statistik und die lustigsten Google-Anfragen veröffentlichen. Die IP-Adresse selbst benötige ich dafür aber nicht.
Warum ist nun aber die IP-Adresse, über die der Netzwerkdatenaustausch erfolgt, möglicherweise personenbezogen? Ganz einfach, diese weltweit eindeutige Adresse wird Dir beim Verbindungsaufbau über DSL, Kabel oder der Einwahl per Modem von Deinem Internetprovider zugeteilt. Dieser weiß also, zu welchem Zeitpunkt welchem Anschluß welche IP-Adresse zugeordnet war. Und hinter dem Anschluß steht eine Person als Vertragspartner, nämlich Du, oder zumindest irgendjemand oder irgendetwas.
Sind eigentlich Autonummern, Telefonnummern oder Handynummern personenbezogene Daten? Was ist mit E-Mail-Adressen, Nicknamen und dem Geburtsdatum?
Wenn mich jemand anruft, speichert mein Telefon die Uhrzeit und Telefonnummer, sofern diese nicht unterdrückt wird, ohne daß der Anrufer zugestimmt hat (daher weiß ich auch, woher der bisher einzige Anruf auf meine Anbieterkennzeichnungstelefonnummer kam). Von E-Mails will ich gar nicht erst reden, die horte ich hier zu hunderten, zurück bis ins Jahr 1997 (Gruß an Frank :-), und in allen steht auch noch die IP-Adresse des Absenders drin.
Falls Du jetzt auf die Idee kommen solltest, hier einen Kommentar zu schreiben, werde ich auch Daten speichern. Das ist von der Blogsoftware WordPress, die hier Ihren Dienst tut, so vorgesehen. Gespeichert werden:
- Eindeutige Kommentarnummer, wird von der Datenbank automatisch vergeben
- Nummer des Artikels, auf den sich der Kommentar bezieht, hier also 958
- Name, von Dir im Feld Name eingetragen
- E-Mail-Adresse, von Dir im Feld eMail eingetragen
- Adresse einer Webseite, von Dir im Feld Webseite eingetragen
- der Text des Kommentars, von Dir im dem großen Feld eingetragen
- IP-Adresse, Deine aktuelle, weltweit eindeutige Internet-Adresse
- Datum und Uhrzeit (hier vom Server)
- Browser-Kennung, überträgt Dein Webbrowser automatisch
Dabei dürften die IP-Adresse und die E-Mail-Adresse die datenschutzmäßig kritischen Daten sein, genau dafür gibt es übrigens ein Plugin, welches die Speicherung (in WordPress) dieser beiden Felder unterdrückt.
Kurz und gut, über den Datenschutz und die personenbezogenen Daten muß ich mir hier bei der Putzlowitscher Zeitung nochmal ernsthaft Gedanken machen.
Nofalls muß ich den Betrieb einstellen, schließlich will ich ja nicht als Verbrecher enden.
Ist eigentlich Verbrecher eine geschützte Berufsbezeichnung?
Hinweis für Leser
Ich weiß, daß Zeitung und Journalist kein geschützter Begriffe bzw. keine geschützte Berufsbezeichnung sind, bei Jurist bin ich mir nicht sicher, Ingenieur darf sich hier in Deutschland tatsächlich aber nur nennen, wer eine entsprechende Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat.
Ich weiß, daß Leidfaden eigentlich Leitfaden geschrieben wird, konnte mir das aber nicht verkneifen.