Phantomzug im Geisterbahnhof

Ab und zu habe ich arbeitsmäßig in Berlin zu tun und fahre meist mit der Bahn dorthin. Und auch wieder zurück, so wie gestern Abend mit dem „Vindobona“ (EC 172)19:07 ab Berlin-Südkreuz. Normalerweise klappt auch alles ganz gut, sofern nicht eine kleine Fahrplan-Leseschwäche einen Strich durch die Rechnung macht.

Gestern war der Zug bereits mit 15 Minuten Verspätung angekündigt, es waren dann sogar fast 20 Minuten daraus geworden. Eigentlich hatte ich meinen Anschluß in Ludwiglust schon abgeschrieben und auch die Aussage der Schaffnerin beim Fahrkarten knipsen schien meine Befürchtung zu bestätigen. Sie würden das zwar weitermelden, viel Hoffnung darauf, daß der RE noch wartet, solle man sich aber nicht machen.

Um so erfreulicher war dann natürlich kurz vor Ludwigslust die Durchsage, das Reisende in Richtung Schwerin/Wismar den Anschlußzug noch erreichen, dieser wartet und fährt direkt am selben Bahnsteig vom gegenüberliegenden Gleis 3 ab. Etwas verwundert war ich dann allerdings schon bei der Einfahrt in den Bahnhof, denn auf der anderen Bahnsteigseite war kein Zug zu sehen. Naja, vielleicht steht er heute mal ausnahmsweise am anderen Ende des Bahnsteigs, dachte ich noch. Beim Aussteigen ließ ich meine Blick über den Bahnsteig von rechts nach links schweifen, aber kein Zug ist zu sehen. Dann aber doch die Lautsprecherdurchsage direkt am Bahnhof: „Willkommen in Ludwigslust, Ihre nächsten Reisemöglichkeiten, ein Regionalexpress nach Wismar über Schwerin von Gleis 3, planmäßige Abfahrt 20:30 Uhr …“. Nun ja, es war zwar bereits 20:41 Uhr aber auch auf der Anzeige war er noch ausgewiesen. Irgendwo muß er doch sein, vielleicht auf einem anderen Gleis? Aber auch auf Gleis 1, 4 oder 5 nichts. So groß ist der Bahnhof dann auch wieder nicht und einen Regionalexpress mit seinen roten Doppelstockwagen kann man normalerweise auch nicht übersehen. Aber er war nicht da, oder besser nicht mehr.

Besonders erstaunlich fand ich aber, daß der Zug, welcher schon längst abgefahren war, noch am Bahnhof durchgesagt wurde, ich meine, das muß doch das Bahnhofpersonal sehen, das der nicht mehr da ist. Ein paar Minuten später kam dann eine weitere Durchsage. Man entschuldigte sich für die falsche Ansage, aber leider seien die Videokameras und der Streckenspiegel ausgefallen und so haben man nicht bemerkt, daß der Zug bereits abgefahren war. Allerdings hätte er tatsächlich warten sollen.
Jetzt wurde mir klar, daß da am Bahnhof überhaupt niemand ist, keine Bahnmensch, nichts. Alles wird mit ein paar Kameras und solchen Infosäulen mit Wechselsprecher abgewickelt.

Letztendlich mußte ich dann eine gute halbe Stunde auf den regulären RE um 21:13 warten. Im übrigen jener Zug, der planmäßig kurz nach dem EC172 in Berlin-Südkreuz abfährt, und auch pünktlich und somit vor dem verspäteten Vindobona auf die Reise ging. Zwischendurch mußte er allerdings den EC vorbeilassen und trotzdem war ich nicht eher zu Hause. Da hätte ich gleich mit dem „Bummelzug“ fahren und mir die drei Euro fuffzig für den IC/EC-Zuschlag sparen können.

Ich will mal nicht meckern, das blieb gestern alles noch im Rahmen. Wenn ich da noch so an die Sache mit dem Wildschwein denke. Da war ich erst gegen halb drei Uhr morgens in Schwerin. Aber das ist eine andere Bahngeschichte.

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