Bei Orden und Abzeichen besteht Ansteckungsgefahr

Kollektiv der sozialistischen ArbeitFrüher gab es zu fast jeder Gelegenheit Orden und Abzeichen. Heute stehen die Chancen eher schlecht, einen Orden verliehen zu bekommen, wenn man sich nicht gerade durch besondere Verdienste um Volk und Vaterland z.B. für ein Bundesverdienstkreuz qualifiziert.

Zu DDR-Zeiten dürfte das „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ eine der beliebtesten und auch am häufigsten vergebenen staatlichen Auszeichnungen gewesen sein. Dieser wurde, wie der Name schon vermuten läßt, nicht an Einzelpersonen verteilt, sondern an Kollektive, also an Menschen, die z.B. durch gemeinsame Arbeit im Berufsleben verbunden waren. Ganz leicht war es allerdings auch nicht, die Auszeichnung zu bekommen. Bei mir wäre die Sache früher fast einmal schief gegangen, und das nur wegen einer vermeintlichen Kleinigkeit.

In der Schulzeit sind, ich glaube es war damals in der 9. Klasse, fast alle Schüler geschlossen in die DSF eingetreten. Das lief weitestgehend automatisch ab. Die Antragsformulare wurden verteilt und waren zu einem bestimmten Termin ausgefüllt wieder abzugeben. Dann ging alles seinen „sozialistischen Gang“, man bezahlte brav seine Beitrage und war halt Mitglied. Nicht so bei mir, denn vergeßlich und unordentlich wie ich zuweilen war (Kopfnote Ordnung öfter mal eine 4 auf dem Zeugnis), habe ich den Termin verpennt. Das hatte aber niemand bemerkt, so das ich jahrelang, ohne mit der Sowjetunion freundschaftlich vebunden zu sein, durchs Leben wandelte. Selbst in meiner Lehrzeit, später im Betrieb und auch bei der NVA fiel das niemandem weiter auf.

Die Sache kam erst ans Licht, als ich nach der Armeezeit mein Arbeit in einem neuen Betrieb angefangen hatte. Unsere Abteilung wollte auch diesmal wieder, wie schon seit Jahren, „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ werden, was aber nur möglich war, wenn alle Mitarbeiter Mitglieder in der DSF waren. Kurz und gut, schließlich bin ich auf gutes Zureden meines Abteilungsleiters kurzfristig und teilweise rückwirkend der Gesellschaft beigetreten. Ich wollte ja den Kollegen nicht die Tour vermasseln.
Und so bekamen wir dann doch den begehrten Titel, das noch begehrtere Geld für die Brigadekasse, ich meinen Orden und alle waren glücklich.

Heutzutage bekommt man die Teile für einen Euro bei eBay, eine Zeit lang wurden sie einem sogar im Conrad-Restpostenmarkt hinterher geschmissen, sie sind also praktisch wertlos. Es sei denn, man verbindet damit eine kleine Begebenheit, eine persönliche Erinnerung oder lustige Geschichte.

Und was so ein Bundesverdienstkreuz in 20 Jahren mal Wert sein wird, wer weiß das schon heute.

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