„Nimm doch bitte gleich auch das Papier mit“, sagte meine Frau früher oft zu mir, wenn ich in die Stadt gehen wollte. Kein Problem, an den Altpapiercontainern kommt man auf dem Weg in die Stadt praktisch sowieso vorbei. Also hab ich mir den einen oder die zwei Beutel mit dem Altpapier geschnappt und sie im nächstgelegenen blauen Container entleert.
So war es bis vor kurzem. Gestern hat ein Entsorgungsunternehmen bei uns, und auch bei den anderen Häusern in unserer Straße, eine blaue Altpapiertonne vor die Tür gestellt. Das es so kommen würde, hatte sich schon vor Wochen angekündigt. Solange tobt hier nun schon der Kampf um das Altpapier. Ganz klar, Altpapier ist ein wertvoller Sekundärrohstoff, mit dem sich Geld verdienen läßt.
Früher, als ich ein junger Pionier war, war das auch schon so. Da hab ich zusammen mit anderen Kindern fleißig Altpapier (und auch Flaschen und Gläser) gesammelt und zur SERO-Annahmestelle gebracht. Dafür gab es dann je Kilogramm Papier und pro Glas oder Flasche ein paar Pfennige. Diese haben wir dann pflichtbewußt für die Kinder in Vietnam oder Chile gespendet (Solidarität, jetzt erst Recht). Manchmal kam das Geld aber auch einfach für die Aufbesserung des Taschengeldes ganz gelegen.
Heute klingeln keine Kinder mehr an der Tür und fragen nach alten Zeitungen oder leeren Flaschen. Heute kümmern sich spezialisierte Unternehmen darum. Aber wie das halt in der Marktwirtschaft so ist, wo es was zu verdienen gibt, sind gleich mehrere Firmen interessiert. Ich will jetzt hier den Streit ums Altpapier nicht im Detail erläutern, als weiterführenden Lesestoff verweise ich auf die Beiträge bei Schwerin-Schwerin (1, 2). Momentan sind hier bei uns drei Unternehemen im Rennen, und das kann man fast wörtlich nehmen. Wer wird als erster seine Tonne an den Mann oder die Frau bringen?
Gestern ging es also auch bei uns los. Die erste Firma, in dem Fall „Gollan“, stellte blaue Tonnen vor den Häusern auf. Bestimmt kommen in den nächsten Tagen noch Tonnen von der durch die Stadt beauftragten „SAS“ und „Alba Nord“ mischt wohl auch im Altpapiergeschäft mit. Wir haben die Tonne auch gleich auf den Hof gebracht, da stehen auch schon die schwarze und die braune Tonne. Auf dem Gehweg kann sie ja nicht stehenbleiben.
Heute Vormittag höre ich dann so ein Rumpeln vorm Haus. Aha denke ich, da ist ja die „SAS“ auch schnell und bringt nun ihre blaue Tonne. Als ich diese auf den Hof rollen will, sehe ich, daß es wieder eine „Gollan“-Tonne ist. Wenn das so weitergeht, haben wir bald ein Problem. Wo stellen wir die vielen Tonnen hin?